Die Schriftstellerband
Heute geht es um die kleine Geschichte, die Stephen King in On Writing seinem ersten Vorwort erzählt. Ja, erstem Vorwort, denn davon gibt es drei. Das Buch hat drei Teile, drei Vorworte und das ist natürlich kein Zufall. Im ersten Vorwort erzählt King von – der Schriftstellerband.
Anfang der 90er Jahre hatte die Verlegerin Kathi Karnen Goldmark die Idee, eine Rock ’n Roll-Band aus Schreibern (Drehbuchautoren, Journalisten, Schriftstellern …) zu gründen. Der erste Auftritt der Schriftstellerband fand auf der Bookseller Association Convention statt, das sollte es eigentlich sein, doch dann traf sich die Band noch ein paar Mal, dann regelmäßig und trifft sich wohl bis heute.
Die Autoren in dieser Band haben in meinen Augen die wunderbare Eigenschaft, sich nicht so ernst zu nehmen. Sonst hätten sie sich wohl kaum Rock Bottom Remainders (was man vielleicht mit Ladenhüter oder Restexemplare übersetzen kann) genannt. Ich liebe das! Ihre Homepage ist cool und stylish (seht ihr die kleinen Sternchen!) und am 16. Juni 2013 haben die Bandmitglieder das E-Book Hard Listening herausgebracht, in dem man Essays, Fotos, Audioclips und Videos findet. Logisch finde ich das gut! Stephen King war lange Lead-Gitarrist der Band und einer der Frontmänner und hatte Spaß.
Literatur und Spaß
Ich weiß, dass viele Menschen im Buchbetrieb denken, dass Spaß haben und Literatur nicht zusammenpassen. Kann man sich eine Rock ’n Roll-Band mit Daniel Kehlmann, Clemens Meyer, Kathrin Schmidt, Elfriede Jelinek, Uwe Tellkamp vorstellen?
Zu den genannten Autoren habe ich sehr unterschiedliche Meinungen, aber es kommt nicht darauf an, ob ich sie für gut oder schlecht, nett oder unnett halte. Ich meine nur: Sie nehmen sich alle sehr ernst. Wie überhaupt ein großer Teil des Literaurbetrieb. Wogegen nichts spricht, wenn dieser Literaturbetrieb nicht mit einer gewissen Herablassung auf einige Schriftsteller herabsehen würde, die sie für weniger ernsthaft halten. Das ist in den USA nicht anders und natürlich ist Stephen King ganz klar, dass die meisten, die sich in dem Betrieb wichtig nehmen, ihn für einen weniger wichtigen Autor halten.
Nun gab es vor einem Gig der Band in Miami Beach ein Gespräch zwischen King und Amy Tan (Background-Vocal). Allein wegen dieser Gespräche beneide ich King schon um die Band. King fragte Tan, welche Frage von den tausenden, die ihr immer wieder gestellt werden, ihr denn noch nie gestellt worden sei. Und sie antwortete: Niemand hat mich jemals nach der Sprache gefragt. Niemand hat sie je nach ihrem Verhältnis zur Sprache in ihrem Schreiben gefragt. Und King ging auf, dass man von Bestseller- und Erfolgsautoren, die einem breiten Publikum gefallen, wohl nicht annimmt, dass sie der Sprache besondere Bedeutung beimessen.
Vorurteile
Hier könnte eigentlich ein Werbe-Break kommen, um sich das noch mal durch den Kopf gehen zu lassen oder sich Chips aus der Küche zu holen (ich bevorzuge das Zweite). Für Stephen King, der schon über ein Jahr mit dem Gedanken spielte, ein Buch über das Schreiben zu schreiben, war das ein weiterer Hinweis: Okay, sie fragen nicht nur mich nicht, sie fragen uns alle nicht nach der Sprache.
Müller und Jelinek – klar. Oder wie King erzählt: Updike und DeLillo – natürlich.
Kurz, dieses Buchprojekt war ein wenig frech: King schreibt über das Schreiben, ho, ho, ausgerechnet – und er wusste das selbst. Darum hat er so lange gezögert und auch ein wenig Angst gehabt, sich lächerlich zu machen oder aufgeblasen zu wirken. Ich muss sagen: Respekt – denn es ist mutig und wichtig. Und angefangen hat es bei und mit der Band.
Ich denke an die Buchmesse. Wie schön wäre es, wenn ich in einer Schriftstellerband – sagen wir eine Funk- oder Punk-Band – wäre. Und während der Messe einen coolen Auftritt hätte. Das wäre genau mein Ding. Und anschließend könnte man ein wenig über Sprache und Schreiben, das Handwerk und die Magie reden. Atlantik, wo bist du und all you can hear is Radio Gaga. Wir würden Chips essen und uns Witze erzählen und hätten bestimmt viel Spaß mit unseren Lesern, die natürlich alle VIP-Karten bekommen würden. Ach ja …
2 Comments
Uwe
16. September 2013 at 0:27Are you serious?
Du findest die Musiker. Ich den Übungsraum.
Drumbumm
Katrin
16. September 2013 at 0:42Absolut!